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Medienunternehmer & Verleger Christian W. Mucha im Interview
 
       
       
Christian W. Mucha

Medienunternehmer & Verleger

Gesellschaft
01.12.2023
Wie soll oder kann man den heutigen Interviewpartner bestmöglich ankündigen? Probieren wir es so: Im österreichischen Medien- und Werbezirkus ist er wohlbekannt, manche meinen gar berüchtigt. Darüber hinaus hat er sich durch den Boulevard, aber auch diverse Society- Veranstaltungen einen Namen in der breiten Öffentlichkeit gemacht. Meist tritt er in eleganten und mindestens ebenso farbenprächtigen Anzügen auf. Sein Medienhaus publiziert mehrere Fach- und Special-Interest-Magazine rund um Medien & Werbung, Gastronomie & Hotellerie, Lifestyle & Luxus sowie zu weiteren Themenfeldern. Um wortgewaltige Aussagen ist er meist nicht verlegen. Mal sehen, welche Sager er für Talkaccino bereithält. Die Rede ist von Medienunternehmer und Verleger Christian W. Mucha.

Was bedeutet »Chuzpe« für Sie?

Mein Großvater war ein sehr kluger Mann. Leider habe ich ihn nicht sehr oft gesehen, da die Familie gewusst hat, den Kontakt zu verhindern. Dennoch habe ich ihn oft genug gesehen, um von ihm zu profitieren. Einmal habe ich ihn in seiner wundervollen Villa in Hadersdorf-Weidlingau getroffen, und dort hat er mir erklärt, was eine Chuzpe ist. Er meinte: »Es bedeutet, dem Hausmeister vor die Tür zu scheißen, anzuläuten und um Klopapier zu fragen.« Erst vor Kurzem habe ich eine Definition von einem intelligenten und hochbrillanten jüdischen Anwalt gehört, der mir Folgendes erzählt hat: Einen Künstler fragst du, wie viel Rabatt er dir auf die Hälfte des Kaufpreises seines Kunstwerks gibt.

Das Zitat Ihres Großvaters haben Sie vor zehn Jahren, ich glaube sogar in der November-Ausgabe 2013, in Ihrem Magazin »extradienst« erwähnt und dabei auf Markus Breitenecker – Österreich-Geschäftsführer der ProSieben-Sat.1-Puls4-Gruppe – und seine, Ihrer Meinung nach, Unverfrorenheit und Rücksichtslosigkeit referenziert.

Mit Markus Breitenecker habe ich ein ganz besonderes Nicht-Verhältnis. Wir haben eine Titelgeschichte gebracht mit der Headline »Die zwei Gesichter des Markus Breitenecker«. Ich maße mir nicht an, über andere Menschen zu befinden, weswegen ich lieber Experten und Insider zu Wort kommen lasse. Dadurch entsteht ein Mosaik an Meinungen, aus dem dann das Gesamtbild eines jemanden entstehen kann. Zwei der wichtigsten Voraussetzungen von Journalismus sind Distanziertheit und Wahrhaftigkeit. Daraus ergibt sich Anstand. Ich habe Markus Breitenecker daher von RTL-Legende Helmut Thoma beschreiben lassen. Thoma meinte, Breitenecker sei ein Egoist. Wenn du ein Unternehmen mit Herzblut führst, kannst du der Politik und den Medien nicht gleichzeitig ausrichten, ORF-General werden zu wollen. Seit dieser Geschichte bin ich für ihn jedenfalls »persona dis gratissima«.

Manche würden auch Ihnen großartige Chuzpe attestieren. Ist es vielleicht der Neid, dass es noch andere in Österreich gibt, die stark nach außen hin auftreten?

Natürlich gibt es die. Und nein, Chuzpe ist das keine! Denn das, was ich mache, ist nichts anderes als ein Marketing-Konzept. Wer nicht begreift, dass Persönlichkeiten Marken sind und diese positioniert gehören mit einer ganz eigenen Aura, dem sogenannten USP, der hat den Markt nicht verstanden. Im Jahr 2008 haben meine Frau und ich begriffen, dass wir unsere Markenstrategie ändern müssen, da sich der Markt verändert hat. Es wurde generell für alle enger. Ich war weitblickend genug und habe verstanden, was passiert und wohin sich die Medienwelt entwickeln wird. Ich sagte zu meiner Frau, dass wir versuchen sollten, unseren Bekanntheitsgrad auszubauen. Wir haben Maßnahmen gesetzt, die uns Breitenwirkung verschafft und unser Leben verändert haben. Was haben wir damals gemacht? Bei unserer Verlobungsfeier in unserem Schloss haben wir ein venezianisches Fest veranstaltet. Ich habe damals Dominic Heinzl angerufen und ihm gesagt, dass er bei uns drehen darf. So etwas haben wir noch nie erlaubt. Dominic kam, und die Sendung hatte Quoten, die er damals auf ATV noch nie hatte! Er hat die Sendung dann gestückelt und Teile immer wieder wiederholt, um die Quoten immer wieder aufs Neue zu generieren. Wir haben damals den Menschen ein feines Märchen präsentiert: Eine russische Migrantin und ein etwas älterer Verleger finden zusammen. Ekaterina wusste ursprünglich gar nicht, wer ich bin und was ich mache. Ich habe mir damals das Fahrzeug meines Chauffeurs ausgeliehen. Und plötzlich findet sich das russische Mädchen in einem Schloss wieder. So etwas lieben die Menschen! Und dieses Märchen war die Ausgangsbasis, die uns zu unserer Bekanntheit verholfen hat. Heute arbeiten wir daran, diese Bekanntheit zu monetarisieren.

Hatten Sie nie Angst, dass die Geister, die Sie riefen – nämlich den Boulevard –, nicht mehr aus Ihrem Schloss verschwinden?

Ich habe genau dieses Thema erst vor wenigen Tagen mit Sebastian Kurz bei einem gemeinsamen Essen diskutiert. Er meinte, dass wir sehr weit gegangen seien. Ich habe das bejaht. Und ergänzt, dass ich freilich nur genau so weit gegangen bin, wie ich gehen wollte. Hauptthema des Gespräches mit Kurz war freilich seine mögliche Rückkehr in die Politik. Ich glaube, dass es einen starken Antrieb in seiner Persönlichkeit gibt, der ihn motiviert, wieder in die Politik zurückzugehen. Ja, es tröstet ihn, dass er zwei Wahlen gewonnen hat. Aber da gibt es auch eine gewisse Schmach, dass das alles nicht gerade elegant endete. Von dem vertraulichen Gespräch, das wir führten, will ich nichts verraten. Nur so viel: Er schwankt. Um auf mich zurückzukommen: Es gab gewisse Themenkreise, die ich nie angestoßen habe. Und um auf unsere Bereitschaft, wie weit wir den Boulevard an unser Privatleben heranlassen, zurückzukommen: Es gibt gewisse Themenkreise, die ich niemals anstoßen würde, und wenn, dann nur in pointierten Ansätzen, die mit Humor aufgenommen werden.

Wollen Sie vielleicht einen kleinen pointierten Ansatz bringen, der die Leserinnen und Leser womöglich grinsen lässt?

Schauen Sie, in unserem Schlafzimmer hat nie jemand gedreht, weil so etwas machen wir nicht. Was man machen kann: sagen, meine Frau hat mir ein Ultimatum gesetzt, dass ich mit dem Rauchen aufhöre. Ich sollte mich entscheiden zwischen Rauchen und Sex. So etwas kann man pointiert mit einem Augenzwinkern bringen. Und dann kann man weiterreden und sagen: Entweder ich habe zum Rauchen aufgehört oder sie hat das, Gott sei Dank, nicht durchgehalten. Aber das ist die absolute Obergrenze dessen, was kommunizierbar ist. Ansonsten gilt das Motto: Alles, was mit dem Geschäft zu tun hat und amüsant ist, kann man bringen. Alles, was im höchstpersönlichen Bereich ist, davon lässt man besser die Finger.

Um auf die vorhin gefragten Geister zurückzukommen: Man zahlt seinen Preis. Ein Beispiel: Meine Frau und ich hatten eine Ehekrise, wie sie hoffentlich jeder mal hat, weil man daraus lernt. Da wir uns in der Zeit nicht mehr wirklich öffentlich gezeigt haben, hat mich irgendwann der Society-Chef der Zeitung »Österreich« angerufen und meinte: »Christian, ihr wart schon lange nicht mehr unter Leuten. Das ist verdächtig. Ihr scheint eine Krise zu haben, darüber müssen wir schreiben.« Ich habe ihm dann gesagt: »Alter, pass mal auf, der Fellner ist der Trauzeuge meiner Frau! Also nein, gib uns Zeit!« Ich habe daraufhin den Wolfgang angerufen und ihm gesagt, dass das so nicht geht. Als Trauzeuge ist es seine vermaledeite Pflicht, mit Ekaterina essen zu gehen, um ihr zu sagen, dass ich der beste Mann der Welt bin. Und mich hat er abzuwatschen, damit ich wieder sorgfältiger mit meiner Frau umgehe. Daraufhin hat mich der Society-Chef nochmals angerufen und gesagt: »Herr Fellner hat mit mir gesprochen. Wir bringen die Geschichte. Sie dürfen den Text allerdings selber schreiben.«
»Ich wollte der Wolf unter den Schafen in der Kommunikationsbranche sein«

Sie sagen über sich selbst, dass Rücksichtslosigkeit zu einer Ihrer besten Eigenschaften zählt. Außerdem seien Sie streitsüchtig und haben Geltungsdrang.

Das Letzte stimmt nicht!

Das glaube ich Ihnen nicht.

(lacht) Also okay, formulieren wir es in den Worten des »Heute«-Chefredakteurs Christian Nusser: »Mucha machte seine eigene Eitelkeit zur Richtschnur der Branche und lag damit goldrichtig.« Also ... was ist Geltungssucht?

Süchtig zu sein ist ja noch schlimmer, als einen Drang zu haben.

Ja, gut, okay. Drang ... Sucht ... beides ist nicht sonderlich sympathisch. Fakt ist, dass ich eine sehr schwere Kindheit mit einem sehr dominanten Vater hatte. Ich habe immer um Anerkennung gekämpft. Wenn einem die Anerkennung als Kind versagt wurde, machst du es dir zu einem Lebensmotto, allen zu beweisen, dass du es kannst. Das wird Ihnen jeder Therapeut sagen. Meiner hat es im Übrigen auch zu mir gesagt. Ich komme aus dem Gemeindebau aus einer armen Familie, die langsam in den Mittelstand aufgestiegen ist. Mit 17 bin ich ausgezogen als Revolte gegen meinen Vater. Ich habe dann probiert, mir etwas Eigenes aufzubauen. Yuppies hießen wir damals – Young Urban Professionals. Ich wollte der Wolf unter den Schafen in der Werbe-, Medien- und Kommunikationsbranche sein.

Das zementiert Ihren Ruf als manischer Medienmacher.

Aufpassen, Manie ist eine Krankheit! Aber gut, wir alle haben Erkrankungen der Psyche. Was viele vergessen: Auch wenn du mit deiner Nase oder deinem Busen unglücklich bist, ist das ein psychisches Problem.

Das hat Artur Worseg im Interview ähnlich ausgeführt.

Sehe ich genauso wie der Artur. Das Glücksgefühl wird verbessert, wenn man etwas Äußerliches, das einen stört, ändert. Ich habe noch nie etwas machen lassen. Nicht mal Gesichtscreme verwende ich. Da schimpft meine Frau dann immer. Ich sage halt, dass ich in Würde altern möchte. Es ist jedem selbst überlassen, ob man Botox spritzen möchte oder nicht. Aber kommen wir zurück zur Rücksichtslosigkeit, die ich als positive Charaktereigenschaft sehe. Folgende Anekdote dazu: Ich bin vor zig Jahren nach New York geflogen, in die Bücherei gegangen und habe mir Bücher über die besten Werbearbeiten in Amerika gekauft. Damals gab es das Internet noch nicht und es wurde rein via Print veröffentlicht. Als ich die Bücher in Wien durchgeblättert habe, bin ich draufgekommen, dass einige österreichische Kreative offenbar auch nach New York geflogen sind und sich diese Bücher gekauft haben. Und was war das Ergebnis? Die haben gekupfert, geraubt und kopiert ohne Ende! Zig Werbekampagnen wurden für den österreichischen Markt einfach gestohlen – unvorstellbar war das! Ich habe das damals veröffentlicht und gezeigt, wer aller plagiiert hat. Das wurde vollkommen rücksichtslos veröffentlicht. Als Verleger darf man nur auf eine einzige Sache Rücksicht nehmen: das Informationsinteresse unserer Leser!
Im Interview: Christian W. Mucha

Sie meinten vorhin, Sie seien im Gemeindebau aufgewachsen. Kurz davor haben Sie von der Villa Ihres Großvaters gesprochen.

Das eine geht mit dem anderen gut zusammen. Mein Großvater war Jude. Er hat sich von meiner Großmutter scheiden lassen. Mütterlicherseits ist meine gesamte Familie umgekommen. Die meisten in Theresienstadt. Das wissen wir, weil mein Bruder das akribisch recherchiert hat. Auf der anderen Familienseite gab es gar nichts. Drei Generationen haben zusammen in einer Wohnung gelebt. Fleisch haben wir einmal in der Woche zum Essen bekommen. Das waren – mir verhasste – Innereien, weil die das günstigste Fleisch waren. Später hat es mein Vater bis zum Bankdirektor geschafft. Ich habe diese Zeiten nie vergessen, was einem hilft, nicht abzuheben.

Ums Jahr 2000 habe ich so viel verdient wie sonst nie. Ich habe mir einen Ferrari gekauft, ohne nach dem Preis zu fragen. Ich bin dringesessen – in kurzer Hose und Ruderleiberl – und die Verkäuferin meinte, dass ich mich da nicht einfach so hineinsetzen kann. Ich antwortete, dass sie dem Direktor sagen kann, dass ich das Auto gerade gekauft habe und sie ihn einpacken soll. Die meinte dann, dass ich ja noch nicht mal nach dem Preis gefragt habe. Meine Antwort: »Wer danach fragt, wird ihn sich nicht leisten können.« Im Endeffekt habe ich das Auto am Jahresende mit Profit wieder verkauft, weil er vergriffen war. Wer kann schon mit einem 600-PS-Auto fahren, das auf jeder Bodenwelle aufsetzt. (lacht) Trotzdem bin ich sehr bodenständig geblieben, auch wenn man das nicht glaubt. Immer wenn ich abgehoben habe, habe ich eine Faustwatsch’n vom Leben bekommen.

Zum Beispiel?

Meine ersten beiden Ehefrauen haben mich mit Liebhabern verlassen. Ich habe damals sieben Tage die Woche gearbeitet. Heute bin ich unendlich dankbar dafür, dass das passiert ist. Ich bin ein sehr vorsichtiger und wohlüberlegter Mensch, der sich im Spiegel ansehen kann. Es ist das Wichtigste im Leben, sich selbst gegenüber sagen zu können, dass man echt und authentisch ist. Ich habe auch keine Angst. Ich überlege ganz genau, habe aber nicht dieses Angstgen, vor etwas zurückzuschrecken.

Das klingt sehr jüdisch.

Ich bin kein Jude. Das ist man ja nur, wenn die Mutter Jüdin ist, was sie allerdings nicht war. Ihr Vater war Jude. Den Nazis nach wäre ich ein Viertel-Jude. Gerade in Zeiten wie diesen ist das schrecklich. Wir erleben momentan wieder einen erbärmlichen Antisemitismus.

Sie hatten neben dem vorhin angesprochenen Ferrari zwei Rolls-Royce, jetzt nur noch einen. Sie hatten eine Villa in Frankreich, jetzt eine Wohnung in Nizza, mieten eine Innenstadt-Wohnung in Wien und besitzen ein Schloss in Kärnten. Ist solch ein Erfolg als Medienmacher heute noch möglich?

Wenn man eine gute Idee hat, ist alles möglich. Eine gute Idee kann die ganze Welt bezwingen. Aktuell habe ich eine, die ich jetzt allerdings nicht ausführen werde. Da ich 69 bin, schau ich mich nach jemand Jüngerem um, damit das gemeinsam umgesetzt werden kann. Es braucht dazu nicht mal besonders viel Kapital. So zwischen ein bis drei Millionen. Wenn das greift, kann das ein weltweiter Hype werden, mit dem sich Milliarden verdienen lassen. Reden wir in ein paar Jahren weiter.
»Die Partie der anonymen Poster hat keinen Anstand und versteckt sich hinter der feigen Camouflage von Pseudonymen«

Wissen Sie, was mich gewundert hat? Vor unserem Gespräch habe ich gelesen, dass Sie in Ihrem 70. Lebensjahr, in dem Sie sich befinden, ans Aufhören denken. Ich dachte, Sie werden – ähnlich wie Hans Dichand – bis zum Schluss arbeiten. Der letzte Leitartikel, Herzinfarkt, umfallen und vertikal raus aus dem Büro. Hans Dichand war im 90. Lebensjahr, Sie hingegen sollen jetzt schon Ihren eigenen Nachruf verfasst haben.

Ja, das stimmt, den habe ich bereits verfasst, auch wenn ich ihn gelegentlich nachjustieren muss. Ich will einfach nicht, dass Leute im Nachhinein über mich befinden und ich im Zuge eines Shitstorms im Standard-Forum post mortem beschimpft werde. Diese Partie der anonymen Poster hat ja keinen Anstand. Die verstecken sich hinter der feigen Camouflage von Pseudonymen. Wenn ich etwas sage, sage ich es öffentlich. UND ICH STEHE DAZU, was auch immer danach passiert! Das halte ich für anständig. Alles andere ist grob unanständig. Dass der Standard seine Profite darauf stützt, ist ein mieses, grindiges und absolut erbärmliches Geschäftsmodell, für das man sich nur genieren kann! Das sollen die sich mal durchdenken, wenn sie das überhaupt können, und sich dann im Spiegel anschauen. Und dann wird davon gesprochen, dass das Qualitätsjournalismus sei. Gelesen wird der Standard nur wegen der gehässigen Postings, nicht wegen der journalistischen Artikel. Daher habe ich meinen Nachruf selbst geschrieben. Von einer Community bewertet zu werden, die mich weder kennt noch weiß, was mich ausmacht. Wer will das? Die werden doch alle nur von Neid bewegt. Wenn es uns in Österreich gelänge, den Neid wirtschaftlich zu nutzen, wäre unser Exportanteil höher als der von Japan. Die Neiddebatte unter dem Andreas Babler mit seinen Spießgesellen wird ja erneut angefacht. Was will der? Einen Herrn Mateschitz rausekeln, der hunderte Millionen Steuern zahlt und tausend Arbeitsplätze schafft? Sein Vater hat ein riesiges Imperium geschaffen und der Sohn hat es nun geerbt. Na um Himmels willen! Was kann er dafür, dass er es geerbt hat, und was kann ich dafür, dass ich nicht als Müllkind in Kairo aufgewachsen bin?

Hans Dichand meinte, er befinde sich im Vorhof der Macht. Wo befinden Sie sich?

Das war Koketterie! Ich habe viel mit ihm darüber gesprochen. Hans Dichand hatte diese Macht sehr wohl. Auch Christoph, wobei der seine Macht sehr elegant und sorgfältig ausübt. Auch mit einem genauen Blick auf die anderen Medien. Er macht das schon sehr gut. Generell muss ich sagen, dass ich für die Medienlandschaft, so wie sie jetzt besteht, keine große Zukunft sehe. In den kommenden Jahren wird hier sehr viel bereinigt.

Wir sind am Ende des Interviews angelangt. Wollen Sie mir noch einen Satz nennen, der in Ihrem Nachruf steht?

Ich schwöre, ich habe nie mit der Meute gekläfft. Führt in meinem Namen die Hunde herein.

Lieblings-

Buch: Handorakel und Kunst der Weltklugheit (Baltasar y Gracián)
Film: Casablanca
Song: Wild World (Cat Stevens)
Schauspieler/in: Christoph Waltz – der ist außergewöhnlich. Und übrigens: Wir waren an derselben Schule.
Motto: »Die einzige Qualität im Leben ist die Qualität der langen Strecke.« und »In der Wahl seiner Feinde kann man nicht sorgfältig genug sein.« (Oscar Wilde)
Autor/in: Oscar Wilde
Serie: House of Cards
Stadt: Wien, Nizza
Land: Österreich. Es ist das beste Land der Welt. So viel können wir gar nicht schimpfen. Und: Frankreich ohne die Franzosen.
Gericht: Tuna Tataki kurz angebraten.
Getränk: Cola mit Amaretto di Saronno Originale

Persönliches Mitbringsel

Ein Kalender von Hans Dichand, den er mir im Jahr 2000 geschenkt hat. Er hat ihn gemeinsam mit mir die Treppen runtergetragen und in mein Auto gehoben. Unglaublich, der alte Herr. Er hat dann gesehen, dass ich Rolls-Royce fahre, und meinte, dass er sich das nicht leisten könne und einen Mercedes fährt. Daraufhin habe ich gesagt, dass er dafür einen Chauffeur hat und ich nicht. (lacht)
Kalender von Hans Dichand im Büro von Christian Mucha

Schönstes und negativstes Erlebnis der vergangenen Woche

Schönstes: Meine Frau hat mir ein höchst berührendes Geschenk gemacht.

Negativstes: Karel Schwarzenberg ist gestorben. Er hat mir in meiner schlimmsten Lebenszeit geholfen, als ich persönliche Bedrohungen bezogen auf meine Familie erleben musste. Meine Töchter konnten sich einige Zeit nur mit einem bewaffneten Sicherheitsmann frei bewegen. Auch ich trug damals eine Waffe mit mir. Als Karel meine Tochter Jahre später mit 18 gesehen hat, meinte er, dass sie eine wunderhübsche Frau geworden ist. Das war ein sehr berührender Moment für mich. Wenn ich jetzt weiterrede, kommen mir gleich die Tränen. Er war ein großer Denker und ein Mensch, der, ohne zu zögern, sofort geholfen hat. Sein Tod hat mich sehr bewegt. Auch mein langjähriger Anwalt ist gestorben. Letzte Woche war eine sehr traurige Woche. Meine Frau hat das wieder ausgeglichen.

Berufswunsch als Kind

Mein Spitzname war »Professor«. Die anderen Kinder auf der Straße haben mich immer in Ruhe gelassen, weil ich wusste, wie man Schießpulver herstellt. (lacht) Die eigenen körperlichen Schwächen kann man nur so überleben, indem man intellektuell überlegen ist und von den anderen um Rat gefragt wird, anstatt von ihnen niedergeschlagen zu werden. Chemiker wollte ich aber nicht werden, das war mir zutiefst zuwider. Ich wollte Jurist werden und habe Jus studiert. Auch wenn ich Verleger geworden bin, konnte ich mein Studium verwenden. Man darf nicht vergessen, dass ich im Jahr über 40 Prozesse hatte, da ich oft geklagt wurde. Sachlich akzeptiere ich jede Kritik, aber nicht unter der Gürtellinie.

Wen wollten Sie immer schon einmal treffen?

Sharon Stone und Jean-Paul Belmondo. Beide habe ich auch getroffen. Caroline von Monaco habe ich leider nicht getroffen, dafür Stéphanie von Monaco. Ich danke dem Herrgott für meinen Beruf, durch den ich international, aber auch in Österreich zig Menschen kennenlernen darf. Manchmal ist es angenehm, manchmal weniger, wie beispielsweise bei René Benko. Wenn du mit dem eine Stunde verbringst, weißt du danach, dass du deine Zeit vergeudet hast an einen Blender. Aus meiner Sicht ein Ungustl. Und das sage ich jetzt nicht, weil er ganz unten ist, das habe ich schon damals gesagt. In einer Stunde lernst du schon ganz gut etwas über einen Menschen.

Teenie-Schwarm

Marilyn Monroe und Brigitte Bardot. Die Blondinen haben es mir schon damals angetan. (grinst) Als Musiker war Cat Stevens ein Idol für mich.

Getränk während des Interviews

Melange

Ort des Interviews

Mucha-Büro am Burgring
Ausnahmsweise wurde das Interview mit Christian W. Mucha nicht in einem Wiener Kaffeehaus geführt, sondern in seinem Büro. Er ist übrigens erst der zweite Interviewpartner, für den eine Ausnahme gemacht wurde. Der erste war Richard Lugner, der zu sich in die Lugner City geladen hat. Ähnlich wie bei Baumeister Lugner war auch das Vorgespräch mit Herrn Mucha. Ein kurzer Anruf, ein flotter Austausch und eine rasche Terminfindung mit Einladung ins Büro, da für einen Kaffee in einem Kaffeehaus keine Zeit sei. Dennoch hat das Gespräch dann mehr als doppelt so lange gedauert wie ursprünglich vereinbart. Wenn ein Verleger wie ein Mucha einem Blog wie Talkaccino mehr Zeit trotz straffen Zeitrahmens zugesteht, darf dies durchaus als Kompliment verstanden werden. Vor allem, wenn der Folgetermin im Vorhof extra warten musste. Herr Mucha, es war sehr schön, es hat uns sehr gefreut!